Die aktuelle Situation mit eingeschränktem Schul- und Kitabetrieb, Kontaktbeschränkungen und begrenzten Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung durch wegfallende Vereins- und Kulturangebote stellt insbesondere für Familien eine erhebliche Herausforderung dar. Neben den beruflichen Anforderungen kommt nun die Kinderbetreuung als Vollzeitjob obendrauf. Leider reagiert nicht jeder Arbeitgeber entsprechend verständnisvoll auf diese Mehrfachbelastung von Müttern und Vätern. Da gleichzeitig Auszeiten zum Auftanken und Entspannen entfallen, liegen die Nerven schnell blank und Auseinandersetzungen sind vorprogrammiert. Aus scheinbar harmlosen Anlässen können handfeste Konflikte entstehen, die das Familienklima und das Wohlbefinden aller Familienmitglieder erheblich beeinträchtigen. Um in diesen Zeiten im Gleichgewicht zu bleiben und einen Burnout mit längerfristigen Folgen zu vermeiden, empfiehlt es sich, die eigene Situation aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten.
Überforderung entsteht in uns selbst
Überforderung entsteht tatsächlich häufig aus uns selbst heraus. Ja, es gibt zahlreiche Anforderungen, die von außen an uns herangetragen werden. Aber erst unsere eigene Interpretation dieser Anforderungen, also z.B. wie perfekt, wie umfangreich oder wie schnell wir Aufgaben in unseren Augen erfüllen müssen, macht daraus echte Stressoren. Das bedeutet, viele Menschen neigen dazu, die eigenen Ansprüche oder Maßstäbe für sich selbst extrem hoch zu setzen. Damit setzen sie sich zusätzlich und vor allem unnötig unter Druck. Überlegen Sie doch einmal kurz, was Sie von anderen erwarten (wie nachsichtig Sie mit anderen sind) und wie unerbittlich Sie mit sich selbst umgehen.
Weitere Blickwinkel
Auch verinnerlichte Glaubenssätze (beispielsweise „Mach es allen recht.“, „Mach es alleine.“, „Frag nicht um Hilfe.“ etc.) können eine Rolle spielen. Sie müssen aufgedeckt und entkräftet werden, damit sie ihren schädlichen Einfluss auf unser Verhalten verlieren.
Manchmal hilft auch die möglichst realistische Beantwortung der „worst case“-Frage: Was passiert schlimmstenfalls, wenn ich etwas nicht schaffe?
Auch ein Perspektivenwechsel kann erhellend sein: Was würde ich meiner besten Freundin raten, wenn sie in meiner Situation wäre?
Darüber hinaus sollten Betroffene aktiv nach konkreten Entlastungs- und Unterstützungsmöglichkeiten suchen.
Ebenso bieten Aufgabenlisten mit entsprechender Priorisierung und Schätzung der Bearbeitungszeit wertvolle Hilfe bzw. Struktur. Hierbei gilt jedoch: Pausen und Pufferzeiten einplanen. Und sich selbst für Erledigtes belohnen!
Mögliche Anzeichen von Burnout
Wenn Sie bei sich bereits Anzeichen von Erschöpfung, Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Antriebslosigkeit und Schlafstörungen bemerken, um nur einige mögliche Symptome zu nennen, ist es sehr wichtig, diese ernst zu nehmen und frühzeitig Hilfe zu suchen. Oft begegne ich Menschen in meiner Praxis, die sehenden Auges in den Burnout gelaufen sind. Sie waren einfach nicht mehr im Stande, ihren „Alltags-Aufgaben-Dampfer“ rechtzeitig zu bremsen, bevor er auf Grund gelaufen ist. Trotz bester Vorsätze und häufig wider besseren Wissens haben diese Menschen immer weiter gemacht und versucht, doch noch irgendwie allem und jedem gerecht zu werden und das Ruder rumzureißen. Doch irgendwann drehte sich das Hamsterrad einfach viel zu schnell. Ein Rausfallen war unvermeidbar. Nach dem emotionalen und körperlichen Zusammenbruch stehen diese Menschen zumeist noch einige Zeit gefühlt neben sich und nehmen die Welt gedämpft wahr. Häufig erscheinen ihnen dann selbst einfache alltägliche Anforderungen wie ein großer, nicht zu bewältigender Berg.
Unterstützungsmöglichkeiten bei Burnout
Professionelle Hilfe kann an vielen Stellschrauben ansetzen: Zunächst einmal – schnellstmöglich die Notbremse ziehen. Dann sollte eine Analyse der stressauslösenden Situationen erfolgen, insbesondere, um eventuelle Muster oder Wiederholungen zu entlarven. Im Gespräch können in Form eines Brainstormings zum einen Unterstützungsmöglichkeiten eruiert und zum anderen ggf. konkrete Zeitmanagementtechniken erarbeitet werden. Darüber hinaus empfiehlt es sich, im therapeutischen Gespräch eigene Ansprüche zu hinterfragen, hinderliche Gedanken zu überprüfen und eventuell handlungsleitende Glaubenssätze zu bearbeiten. Genauso wichtig ist das Erlernen von individuell geeigneten Entspannungsmethoden. Um einem Rückfall in alte Verhaltensmuster vorzubeugen, sollten Klient*innen die Wahrnehmung entsprechender Warnsignale trainieren. Ein entsprechender „Methodenkoffer“ für den Notfall kann die professionelle Hilfe abrunden.
Zögern Sie nicht, bei Bedarf mit mir Kontakt aufzunehmen, damit wir gemeinsam schauen können, was Sie gerade brauchen, um aus dem Hamsterrad auszusteigen statt herauszufallen.